03. Oktober 2019

Wiederentdeckung einer Wandzeichnung am Tag des Denkmals

Im Rahmen der europäischen Tage des Denkmals fand eine Veranstaltung der Denkmalpflege in der ehemaligen Textilbleicherei am Rotbach statt. 1828 erbaut, ging die Fabrik 1935 in Konkurs. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges diente das Gebäude für kurze Zeit als Quarantänelager für Militärpersonen und zivile Flüchtlinge. Einer der Internierten war der flämische Maler Albert Servaes (1883-1966), er gilt als der erste belgische Expressionist. Er brachte eine Trinität mit Gottvater, Christus und dem heiligen Geist direkt mit Kohle und Pastellkreiden auf die weiss verputzten Wände des als Kapelle genutzten Kellers auf. Sie sind heute noch im Originalzustand erhalten, aber gänzlich ungeschützt. 

Seit 1990 steht die Fabrikanlage als kantonales Kulturobjekt unter Schutz, und damit auch die besagten Zeichnungen. Dank des Jubiläumsanlasses konnten die sonst kaum bekannten Darstellungen einerseits einer breiten Öffentlichkeit gezeigt werden. Andererseits sind sie auch bei der Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden wieder ins Bewusstsein gerückt; diese relativ jungen und zugleich kunst- und kulturhistorisch wertvollen Zeichnungen stellen ein Novum dar. In der Regel beschäftigt sich die ausserrhodische Denkmalpflege mit bildnerischen Funden in und an Häusern aus dem 17./18. Jahrhundert. 

Die Herausforderung liegt jetzt darin, mit den verschieden öffentlichen Akteuren und der Eigentümerschaft ein Konzept zum kultur- und gesellschaftshistorisch korrekten Umgang mit diesem Werk von Albert Servaes zu erarbeiten. 

Denkmalpflege Appenzell Ausserrhoden, Hans-Ruedi Beck, 03.10.2019